Mouvement - Pour passer la mélancolie

Idee

Mein erstes Stück für größeres Ensemble als 4 Spieler welches aufgeführt wurde, basiert auf den berühmten Stich Melencolia 2 von Albrecht Dürer.
Eine weitere Premiere in diesem Werk stellt dar, dass ich dieses für das von mir mitbegründete Ensemble Radiant8 geschrieben habe, für deren erste Tour unter dem Titel "pour passer la mélancolie".

Der Stich von Dürer hat mich schon sehr lange beschäftigt. Schon in meinem Bicinium für Klaus Huber habe ich das magische Quadrat aus dem Stich verwendet, zur generirung der Proportionen zwischen den beiden Hauptstimmen, des Tempo und der Tonhöhen. Der Biciniuum stellte dabei ein klassischen serielles Stück dar, welches nicht auf eine zwöltonreihe beschränkt gewesen ist. Zwischen den Biciniuum und dem Mouvement hat sich jedoch einiges Getan in meiner kompositiorischen Orientierung. In Gestalt von meinem Streichtrio kammen Skalenhafte Tonstrukturen dazu die gleichzeitig auch den harmonischen Raum der Komposition vorgegeben haben. In dieser Arbeitsweise steht auch das Mouvement. Die Proportionen aus dem magischen Quadrat von Dürer wurden nicht verwendet um wieder eine Tonreihe zu bilden - sondern wurden in ihrer Quersumme benutzt Symetrien zu analysieren um darauf hin Skalen zu generieren die sich nicht real mit der Oktave wiederholen, sondern eine andere Wiederholungsachse besitzen.

Die Skalen die ich aus den unterschiedlichen Leserichtungen des Quadrats gewonnen habe (wichtig die Quersumme der Leserichtung muss immer 34 ergeben) wurden dann über die Dauer des Stückes verteilt. Die Zahlen des Quadrats bestimmten auch die Länge der einzelnen (16 kleinen) Formabschnitte. So ist der erste Formabschnitt mit dem ersten Tempo und den ersten Tonraum 16 Takte lang - der nächste 3 Takte - 2 Takte und dann 11 Takte lang. Dies alles bezieht sich im ersten Teil auf die Leserichtung Links nach Rechts - der ersten Reihe des magischen Quadrats.

Schumann und Melancholie

Ein wichtiger Orientierungspunkt für meine Komposition waren die letzten Werke von Robert Schumann. Die Art und Weise wie ich vor allem seine Fughettas gelesen habe, als Zeugniss, seines fortschreitenden psychischen Verfall hin zu einem Komponisten der nicht mehr fähig zur Fantasie und Abstraktion ist - hin zu jemanden der rein auf statischtischer Ebene mit Themen und Motiven arbeitet, war für mich die Inspiration, in meinem Stück diesmal wirklich etliche Stellen von diatonischer Einfallslosigkeit zu verwenden. Wo ich doch den Standpunkt vertrete das Tonalität ihrer Bedeutung im Rahmen der zeitgenössischen Konzertmusik verloren hat, so glaube ich hier einen Weg aufzuzeigen wie trotzdem noch eine Magie von Tonalität erzeugt werden kann, ohne in rihmsche Nostalgie abzudriften. Natürlich kann man auch hier den Kitsch nicht 100% vermeiden, jedoch haben diatonische Tonfolgen wie auch Skalen Floskeln noch eine bewandnis und auch ein Legitimiät für zeitgenössische Konzertmusik (dies wird auch durch das Stück von Örnólfur Eldon Þórsson bewiesen aus dem gleichen Projekt. Der Kontext ist das wichtige und auch die Methode. Und ich würde mich schon rühmen hier bedeutende Momente erzeugt zu haben.